Artist-in-Residence 2020

Artist-in-Residence
2020

Diana Ejaita • Rahima Gambo • Taiwo Ojudun Jacob • Anja Saleh

Akinbode Akinbiyi

Kurator

Akinbode Akinbiyi (geboren 1946 in Oxford, UK – lebt in Berlin) ist ein Chronist des täglichen Lebens, der sich mehr für das Alltagsleben interessiert als für das Alltägliche. Seit Anfang der 1970er Jahre arbeitet er als Fotograf und Autor. Sein künstlerischer Fokus liegt auf den großen urbanen Ballungsräumen und Megastädten vor allem des afrikanischen Kontinents. Dabei bewegt er sich wie ein Spaziergänger auf Haupt- und Nebenstraßen durch den Alltag dieser Städte, durch ihre Einkaufszentren und Vergnügungseinrichtungen, um Aufnahmen zu machen, die die Lebendigkeit dieser konfliktbeladenen Räume gewissermaßen zum Klingen bringen. Akinbiyi richtet seine Aufmerksamkeit auf die Rituale alltäglicher Politik, Spiritualität und Menschlichkeit jenseits der glänzenden Oberflächen konstruierter Identitäten. Er sucht, bewusst oder unbewusst, nach Brüchen in unserem Alltagsleben. Seine Arbeiten werden weltweit ausgestellt und veröffentlicht. 2016 wurde er mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. Zuletzt waren seine Arbeiten in einer monographischen Ausstellung im Gropius Bau Berlin zu sehen (07.02.-19.07.2020).

Akinbode Akinbiyi über seine Künstlerauswahl für die Operndorf-Residenz

 

Operndorf – Abuja – Berlin – Lagos

Residenz bedeutet zu Hause sein. Das Gefühl, gar das Gemüt, sich angekommen tief innerlich zu spüren, eins zu sein mit der Ortschaft, der Umgebung, der umschließenden Natur. Die künstlerische Residenz beinhaltet Zeit zu überlegen, über neue Wege nachzudenken, lang sitzende Ideen auszuprobieren. Das Operndorf ist gleichzeitig Sitz eines großzügigen künstlerischen Gestus als auch der Ort für Künstlerinnen und Künstler sich weiterzuentwickeln.

Vier ganz unterschiedliche Künstler*innen wurden für dieses Jahr ausgewählt, die alle einen engen Bezug zu der Problematik des ursprünglich Gestus haben: denn die ursprüngliche Idee des Operndorfes kam nicht von einem Burkinabé oder von jemandem mit westafrikanischen Wurzeln, aber von einem aus dem nördlichen Hemisphäre. Damit kommen sofort Komplexe der Geschichte auf, wie Kolonialismus, Post-Kolonialismus, Paternalismus und noch viel mehr.

Die vier diesjährigen Residenz-Teilnehmer*innen werden sich auf unterschiedlichste Art und Weise intensiv mit ihren individuellen Wegen beschäftigen und versuchen, die Ortschaft, die Einwohner*innen vor Ort einzubinden, neue Klänge zu erarbeiten, die des Angekommenseins und des Gemüts des erweiterten Weges.

Mein kuratorischer Impuls für die Auswahl der Vier war und ist immer noch, eine tiefsitzende Offenheit. Wie sie die Wochen und Monate vor Ort erleben sollten, wurde im Vorhinein nicht besprochen. Ihre Kreativität, ihre eigenen Wege werden sich zeigen, sich tagtäglich entwickeln, die Luft und Hitze des Sahels allmählich ihre eigene werden.Grundsätzlich ist aber auch eine Auseinandersetzung mit dem originellen Gestus der Gründung des Operndorfes. In wie fern ist diese Gründungsidee noch realisierbar in einer Welt, die sich mit noch extremeren Konflikten und Problemen konfrontiert sieht. Ist die Oper noch eine zeitgemäße kreative Form der Wahrnehmung tiefsitzender Wünsche und Träume?

Diana Ejaita

Diana Ejaita ist Illustratorin und Textildesignerin und lebt in Berlin. Die Arbeiten, der in Cremona (Italien) geborenen multidisziplinären Künstlerin mit nigerianischen und italienischen Wurzeln, sind eine Hommage an ihre westafrikanische und europäische Abstammung und verbinden Symbolik durch narrative Muster und Strukturen. 2014 gründete Ejaita das Modelabel „WearYourMask“, um einen Dialog zwischen Tradition und Moderne herzustellen. In jüngerer Zeit erhielt ihre Arbeit größere Anerkennung, als sie ein Cover des New Yorker mit dem Titel „Iya Ni Wura (Mutter ist Gold)“ illustrierte, eine Ode an die nigerianische und universelle Mutterschaft. Es folgten zwei weitere Cover für das renommierte Wochenmagazin: „Portrait of History“ für den MLK-Tag und “ Eine Familie blüht „. Ejaita arbeitet als etablierte Illustratorin für verschiedene Magazine wie die New York Times.

Diana Ejaita über ihre Teilnahme an der Operndorf-Residenz

Ich freue mich sehr darauf, während meines Aufenthalts im Operndorf Afrika in Burkina Faso zu arbeiten und zu lernen. Ich bin besonders neugierig auf neue burkinische Textiltraditionen und würde gerne eine Zusammenarbeit mit lokalen Baumwollwebern und Handwerkern eingehen. Ich freue mich sehr über diese Gelegenheit zu reisen und ein neues Land und eine neue Kultur zu entdecken. Ich habe das Gefühl, dass in diesen Zeiten die Verbindungen, die Kommunikation und der Austausch zwischen Afrika und der afrikanischen Diaspora immer komplexer werden und die Bindung stärker wird. Ich bin sehr dankbar für diese Chance.

Rahima Gambo

Rahima Gambo (* Abuja, Nigeria – lebt dort) ist Fotografin und Multimediakünstlerin. Zu ihrer künstlerischen Praxis gelangte sie durch die Arbeit an langen, medienübergreifenden Dokumentarfilmprojekten. Zurzeit erforscht sie erweiterte bewegte Fotografie durch die erzählerischen und experimentellen Möglichkeiten des „Gehens“ im Schnittpunkt mit dokumentarischem Storytelling, psycho-spiritueller Geografie, Sozialpolitik, urbaner Umwelt und Autobiografie. Sie bezieht kollaborative Praktiken, Skulpturen, Installationen und Performances in ihre Arbeit ein.

Sie wurde kürzlich zum FOAM-Talent für 2020 ernannt und war unter den PreisträgerInnen des Contemporary African Photography Prize 2020 sowie Teil der World Press Photo Meisterklasse von Joop Swart und der Goethe-Institut Photographers Masterclass in Johannesburg 2017. Gambo war Stipendiatin der Magnum Foundation 2014, Stipendiatin der International Women’s Media Foundation und ist Gewinnerin des African Photobook Award 2017. Ihre Arbeiten waren zuletzt in der Ausstellung “Beyond the Image” im Stedelijk Museum zu sehen.

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Rahima Gambo über ihre Teilnahme an der Operndorf-Residenz

Es ist mir eine Ehre zum diesjährigen Artist-in-Residence Programm des Operndorf Afrika eingeladen zu sein, und ich freue mich darauf, als Residenzkünstlerin im Dorf präsent, verkörpert und inspiriert zu sein. Während meines Aufenthalts, werde ich meine Arbeit rund um das „Gehen“ fortsetzen und mich dabei von den neuen Ansätzen und Aufbrüchen, die durch meine Interaktionen und Verstrickungen an diesem Ort entstehen werden, inspirieren lassen.

Taiwo Ojudun Jacob

Taiwo Ojudun Jacob (lebt in Lagos, Nigeria) ist ein nigerianischer multidisziplinärer Künstler und Kurator. In seinen Tanz- und Live-Performances, die auch physisches Theater, Musik und Film umfassen, bindet er das Publikum direkt ein und versucht so, gängige Diskurse in der lokalen und internationalen Kulturszene zu durchbrechen. 2015 gründete er gemeinsam mit zwei Künstlern das Kunstkollektiv „Illuminatetheatre Productions“, für das er derzeit als künstlerischer Leiter fungiert. Illuminatetheatre ist ein gemeinnütziges multidisziplinäres Kreativlabor, in dem junge Menschen zusammenarbeiten, um verschiedene experimentelle künstlerische Projekte zu entwickeln, die die Gesellschaft und das Publikum einbeziehen. Odujuns Werke sind tief von seinen Wurzeln inspiriert. Seit 2018 untersucht er in seinen Arbeiten Kolonialarchive und unhaltbare Privilegien. Diese Arbeiten reflektieren die sozialen und politischen Vorurteile in postkolonialen afrikanischen Gemeinschaften. 2018 war Odujun Residenzkünstler eines Austauschprogramms zwischen Lagos und Berlin, das vom Goethe-Institut Nigeria und dem ZK/U Berlin organisiert wird sowie Fellow des Global Youth Culture Fellowship in Jeju, Südkorea. Odujun ist Kurator des „Art Mobile, Lagos“, einem Kunstfestival, das kommendes Jahr in Lagos eröffnet wird.

Taiwo Ojudun Jacob über seine Teilnahme an der Operndorf-Residenz

Ich interessiere mich für Frauen, besonders dafür wie sie wahrgenommen und dargestellt werden. Denn für eine Gleichstellung der Geschlechter, ist es unabdingbar sich mit den verschiedenen Formen dieser Darstellungen auseinanderzusetzen. Auf dem afrikanischen Kontinent existieren vielfältige kulturelle Interpretation der thematischen „Gleichstellung der Geschlechter“. Meine Forschung wird sich deshalb auf die traditionelle afrikanische Repräsentation von Frauen konzentrieren. Sie wird darauf abzielen, mündliche Archive und Dokumentationen zu durchforsten. Ich möchte die kulturelle Hegemonie in Frage stellen, um den Status der männlichen Dominanz in zeitgenössischen afrikanischen Gemeinschaften zu begreifen.

Anja Saleh

Anja Saleh (*Deutschland, lebt in Berlin) ist Designerin, Dichterin und Pädagogin. Mit einem Hintergrund in Politikwissenschaft und Soziologie ist sie bestrebt, in ihrem aktuellen Schreiben und ihren Entwürfen erworbenes und erwerbbares Wissen in Frage zu stellen und dabei den kommunikativen Wert der Objekte, an Stelle ihrer bloßen Ästhetik hervorzuheben. Sie ist die Gründerin von TAVII Studio und verarbeitet viele ihrer Fragen und Geschichten in ihren Schmuck- und Modedesigns für TAVII als eine weniger direkte Annäherung an ihre Poesie und Prosa. Angesichts der Tatsache, dass alle Dinge, Handlungen und Entscheidungen politisch sind, arbeitet sie an Kollektionen, die von – im dominanten Narrativ – weniger bekannten Gemeinschaften in Ägypten inspiriert sind und die den Status quo dessen, was als gutes oder schönes Design wahrgenommen wird, hinterfragen.

TAVII Studio

Anja Saleh über ihre Teilnahme an der Operndorf-Residenz

Ich freue mich auf den Aufenthalt im Operndorf Afrika in Burkina Faso. Nicht nur aus dem Grund, weil ich dort die Möglichkeit bekomme, mich über zeitgenössische Kunst, eine neue Kultur und vor allem den Menschen um mich herum, den Einheimischen, lokalen HandwerkerInnen und KünstlerkollegInnen auszutauschen und von ihnen zu lernen. Sondern auch, weil die Erfahrung verspricht, noch mehr Fragen aufzuwerfen und weil sie mehr Reflektion über meine persönliche, aber auch die kollektive Positionierung von Menschen wie mir, Menschen der sog. afrikanischen Diaspora, und des unterbewusst bestehenden Anspruchs auf globales Verständnis ihrer Existenzen, Ideen und Geschichte, erfordert.  Es wird nicht nur eine bereichernde Erfahrung sein, es wird mir auch – so hoffe ich – viele der Vorstellungen und Definitionen von mir selbst nehmen und mir gleichzeitig erlauben, von (Kunst-)handwerkerInnen und der einzigartigen Umgebung zu lernen.

 

Die Künstlerresidenz Jahrgang 2020 entstand mit freundlicher Unterstützung durch: